Kind mit Einkommen: Eltern sollten Bescheid überprüfen lassen

Mit Beschlüssen vom 11.08.2016 (Az. S 43 AS 185/16 ER) und 30.11.2016 (Az. S 39 AS 289/16 ER) hat das Sozialgericht Kiel klargestellt, dass Kinder, die eigenes bedarfsdeckendes Einkommen erhalten, nicht in der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen sind. Die Größe der Bedarfsgemeinschaft wird um Kinder mit bedarfsdeckendem Einkommen reduziert. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die Mietkosten haben, die das Jobcenter für den Rest der Bedarfsgemeinschaft übernehmen muss. In der Praxis übernimmt das Jobcenter Kiel jedoch in diesen Fällen viel zu geringe Kosten. Gerade Alleinerziehende, deren Kinder z.B. durch Unterhaltszahlungen  des anderen Elternteils bedarfsdeckendes Einkommen haben, sind oft erheblich benachteiligt.

Den gerichtlichen Entscheidungen lag folgende Konstellation zugrunde. Die jeweiligen Kinder der Antragsstellerinnen bezogen Einkommen etwa aus Kindergeld, Unterhaltszahlungen und Wohngeld. Dadurch hatten die Kinder genug finanzielle Mittel, um ihren eigenen Anteil für den Lebensunterhalt und für die tatsächliche Miete selbst zu bezahlen. Die Mütter mussten dagegen noch aufstockende Leistungen beim Jobcenter beziehen, weil sie jeweils zu geringe Arbeitseinkommen hatten.

Bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft legte das Jobcenter Kiel nun für den Elternteil die Hälfte der angemessenen Kosten für die Unterkunft einer Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft zugrunde. Die Logik dabei war: Mutter und Kind sind zwei Personen, also wie eine Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft zu behandeln. Tatsächlich aber lag nur eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft vor, da das Kind ja gar nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft gezählt werden durfte. Für eine Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft gilt eine Bruttokaltmiete in Höhe von 411,00 € als angemessen, für eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft 342,50 €. Das Jobcenter Kiel bewilligte also nur die Hälfte von 411,00 €, also bis zu 205,00 €, für den Elternteil.

Größe der Bedarfsgemeinschaft hat Auswirkung auf die angemessenen Unterkunftskosten

Tatsächlich stellt der Elternteil aber eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft dar, wie das SG Kiel bestätigt hat. Für eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft gilt eine Bruttokaltmiete in Höhe von 342,50 € als angemessen. Das Jobcenter Kiel muss also in solchen Fällen eine deutlich höhere Miete – bis zu 342,50 €- übernehmen. Auswirkungen hat das Vorgehen des Jobcenters Kiel zudem auch auf die weitere Berechnung des Bedarfs, da auch andere Zahlen und Anrechnungen von dem Bedarf für Unterkunftskosten betroffen sind. Zu betrachten ist hier besonders das „überschießende“ Kindergeld, das vom Kind nicht mehr zur Bedarfsdeckung benötigt wird und daher bei dem Elternteil angerechnet werden darf. Dies wurde in den oben genannten Beschlüssen unterschiedlich gelöst.

Gerade Alleinerziehende, deren Kinder Kindergeld, Unterhaltszahlungen, Unterhaltsvorschuss und/oder Kinderwohngeld erhalten, können besonders betroffen sein. Auch, wenn Kinder eine Ausbildungsvergütung, Bafög oder Ähnliches erhalten, sollte die Berechnung von Leistungen nach SGB II besonders überprüft werden.

Eine unabhängige Beratung sollten Sie sich unbedingt bei einem Fachanwalt oder einer Fachanwältin für Sozialrecht einholen. Ich stehe Ihnen dafür natürlich gerne zur Seite. Kontakt: 0431-60053903 oder info(at)kanzlei-sh.de.

2 thoughts on “Kind mit Einkommen: Eltern sollten Bescheid überprüfen lassen

  1. Holger Buck

    Ohne die Urteile gelesen zu haben, scheint mir interessant, dass festgestellt wurde, dass keine BG vorliegt, so wie es auch im Gesetz steht. Damit ist ausgeschlossen, dass bei der Prüfung des individuellen Bedarfs (der Kinder) nur die Hälfte des Regelsatzes angesetzt werden darf, wenn das Kind, das seinen Bedarf selbst decken kann, sich zeitweilig beim nicht hilfebedüftigen Vater aufhält. Das Jc argumentierte in diesem Fall, dass das Kind zunächst solange in der BG sei, bis die Bedürftigkeitsprüfung ergäbe, dass es doch nicht zur BG gehöre. Die Kinder werden weiterhin im Bescheid aufgeführt und es wird ihnen ein sonstiges Einkommen in Höhe der Hälfte des Regelsatzes angerechnet, „weil es abrechnungstechnisch nicht anders durchführbar sei“, den Regelsatz zu halbieren. Das SG Lübeck winkte die Argumentation durch.
    Mit einer temporären BG haben diese Kinder meiner Ansicht nach nichts mehr zu tun.
    Mit freudlichem Gruß – Holger Buck

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