…oder: eine neue Masche, Selbstständige beim Krankengeldbezug hereinzulegen
Als freiwillig versichertes Mitglied in der gesetzlichen Krankenkasse gab es Ende 2017 Post. Darin teilte die Krankenkasse mit, dass sich ab 2018 die Berechnung des Krankenversicherungsbeitrags ändern werde. Soweit, so gut. Das neue System kann ja auch Vorteile haben.
Bisher war es so, dass die Krankenkasse die Beiträge von freiwillig versicherten Mitgliedern
nach Vorlage des aktuellen Einkommenssteuerbescheides errechnete. Hat das Finanzamt einer oder einem Selbstständigen 2016 also ein gutes Einkommen bescheinigt, so wurde ein entsprechend hohes Einkommen auch bei der Berechnung des Krankenkassenbeitrags für die Zukunft zugrundegelegt. Selbst, wenn das Einkommen zwischenzeitlich gesunken war. Die Krankenkasse argumentierte damit, dass das gesunkene Einkommen ja wiederum im folgenden Steuerbescheid abgebildet werde und dann die künftigen Beitragszahlungen wieder sinken würden. Langfristig würden sich die Beiträge daher ausgleichen. Rückwirkende Anpassungen gab es nicht.
Ab 2018: rückwirkende Anpassungen des Krankenversicherungsbeitrages möglich
Im Februar 2017 hat der Bundesrat im Rahmen des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz eine Änderung beschlossen. Künftig – nämlich ab 2018 – werden die Beiträge nur noch vorläufig festgesetzt. Die Krankenkassen prüfen nun rückwirkend nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheides für das jeweilige Jahr, ob die vorläufigen Beitragszahlungen mit dem vom Finanzamt für das jeweilige Jahr festgestellten Einkommen übereinstimmen. Auf diese Weise kann es sowohl zu Beitragsrückerstattungen – wenn das festgestellte Einkommen geringer war – als auch zu Nachzahlungen kommen, wenn das Einkommen höher war.
Aber da gibt es noch die Beitragsbemessungsgrenzen
Pech hat, wer unter die Räder der Beitragsbemessungsgrenzen gerät – oder besser gesagt, unter die Mindestbeitragsbemessungsgrenze. Diese liegt 2018 bei 2975 Euro (West). Weist ein Selbstständiger nach, dass er weniger verdient, wird die Mindestbeitragsbemessungsgrenze großzügig auf 2231,25 Euro (West) gesenkt. Dies bedeutet aber: Die oder der Selbstständige wird beitragsrechtlich so behandelt, als ob er oder sie über ein Einkommen von mindestens 2231,25 Euro verfügt. Selbst, wenn es tatsächlich deutlich weniger ist. Daran wird auch künftig nach Vorlage des für das Beitragsjahr ergangenen Steuerbescheides nichts geändert. Auch, wenn aus dem Steuerbescheid nur ein Einkommen von beispielsweise monatlich 1200 Euro hervorgeht. Die Beiträge sind so zu zahlen, als wenn man 2231,25 Euro verdient hätte. Nur der Form halber wird erwähnt, dass eine Selbstständige oder ein Selbstständiger natürlich auch die vollen Beitragssätze von 14,0 plus Zusatzbeitrag zu zahlen hat, da kein Arbeitgeber mitaufkommt.
Und was hat das jetzt mit dem Krankengeld auf sich?
Richtig brisant wird es, wenn eine Selbstständige oder ein Selbstständiger, der sich gesetzlich krankenversichert hat, auch einen Anspruch auf Krankengeld mitversichert hat. Während eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer regelmäßig krankengeldversichert ist, kann eine selbstständige Person dies nämlich freiwillig gesetzlich oder privat versichern (oder eben auch sein lassen).
Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass die Höhe des Krankengeldes anhand des Einkommens zu ermitteln ist, dass der Beitragsbemessung vor Arbeitsunfähigkeit zugrunde lag. Das kleine Wörtchen „vor“ macht hier die Musik.
Ein kleines Beispiel:
Eine Selbstständige zahlt im Jahr 2018 einen Krankenkassenbeitrag (14,6 %) in Höhe von 365 Euro. Diesem Beitrag liegt noch der aktuellste Steuerbescheid aus 2017 zugrunde, in dem die Selbstständige ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 2500 Euro verdient hatte. Ende 2018 wird sie arbeitsunfähig. Das Krankengeld wird anhand von 2500 Euro berechnet, da dieses Einkommen ihrem Beitrag zugrunde lag. Nun macht die Selbstständige ihre Steuererklärung für 2018 fertig – und das Jahr lief bis zur Erkankung viel besser als das Vorjahr. Das Finanzamt bestätigt ihr im Steuerbescheid für 2018 ein durchschnittliches Einkommen in Höhe von 4200 Euro. Der monatliche Beitrag für die Krankenkasse wird rückwirkend auf 613,20 Euro erhöht. Das Krankengeld wird aber nicht erhöht, da der endgültig festgestellte Monatsbeitrag zur Krankenversicherung ja nicht „vor“ Arbeitsunfähigkeit vorlag.
Ob diese Änderung am Ende gerichtlich standhält, wird sich erst noch zeigen.