Endlich gibt es Neuigkeiten vom Bundessozialgericht (BSG) zur Frage, wie sich ein Kind mit bedarfsdeckendem Einkommen auf die Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft auswirkt. Am 25.04.2018 veröffentlichte das BSG einen Terminsbericht, in der es kurz Stellung zu einem Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen nahm.
Das LSG Niedersachsen-Bremen hatte mit Urteil vom 03.05.2017 (Az. L 13 AS 224/16) entschieden, dass sich die Kosten der Unterkunft der Klägerin, die mit ihrem Kind zusammenlebte, das über bedarfsdeckendes Einkommen verfügte, an den Kosten einer Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft orientieren. Falsch, so das BSG. Denn ein Kind, das über bedarfsdeckendes Einkommen verfügt, gehört der Bedarfsgemeinschaft nicht mehr an. Es bleibt in so einem Fall nur die Klägerin allein als sog. „Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft“, die Leistungen nach dem SGB II erhält. Und da es nur eine einzige Leistungsberechtigte nach dem SGB II gibt, sind für diese die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung einer Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft zugrunde zu legen.
Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft, Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft, x-Personen: wofür ist das überhaupt wichtig?
Es klingt nicht nur kompliziert, es ist auch etwas kompliziert. Aber es lohnt sich manchmal sehr, genauer hinzuschauen (oder hinschauen zu lassen), denn die Kosten für Unterkunft und Heizung stellen in der Regel einen großen finanziellen Posten im Haushaltsbudget jeder Familie dar, und besonders als Sozialleistungsempfänger kann man hier nicht zu Unrecht auf Geld verzichten.
Tatsächliche oder angemessene Kosten der Unterkunft?
Dies ist ein Unterschied. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft sind die Kosten, die die Mieterin oder der Mieter dem Vermieter tatsächlich schuldet. Berücksichtigt wird dabei die Grundmiete (Kaltmiete) sowie die Betriebskosten. Viele Sozialleistungsträger haben diese Kosten nach oben begrenzt, da politisch gewollt ist, dass ein Sozialleistungsempfänger nur in einfachen Verhältnissen lebt. Dies soll sich auch in den Wohnverhältnissen – durch günstigen Wohnraum – widerspiegeln. Probleme ergeben sich meistens dann, wenn jemand in Hartz IV „abrutscht“, und die Wohnung, die er oder sie sich zuvor leisten konnte, plötzlich nach Maßstab des SGB II nicht mehr „angemessen“ ist. Eine Wohnung kann auch „unangemessen“ teuer werden, wenn zuvor beispielsweise vier Personen in ihr gelebt haben und nach Auszug nur noch drei Personen zu berücksichtigen sind. In Kiel gelten zum Beispiel diese Mietobergrenzen. Die angemessenen Kosten der Unterkunft richten sich nach der Anzahl der Personen in der Bedarfsgemeinschaft.
Ein Beispiel für Kiel: Hier gilt für eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft derzeit eine
Bruttowarmmiete in Höhe von 361 Euro als angemessen, für eine Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft eine Bruttowarmmiete in Höhe von 411 Euro, usw. Liegen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft nun aber bei 500 Euro, so muss ja jeder 250 Euro zahlen. „Angemessen“ gelten aber nur insgesamt 411 Euro, also pro Person 205,50 Euro.
Für die Ermittlung der angemessenen Kosten bleibt die Personanzahl der Bedarfsgemeinschaft maßgebend
Hier kommt nun das BSG ins Spiel: Wenn ein Kind aber nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehört, dann darf es nun mal nicht in der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden! Auch nicht bei der Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft. Und dieser kleine Unterschied bei der Frage, welche Kosten nun angemessen sind, hat oft erhebliche Auswirkungen. Es ist in so einem Fall also die angemessene Miete wie bei einer Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft anzunehmen, also bis zu 361 Euro. Im oben gedachten Beispielsfall hat die Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft anteilig in diesem Fall ja nur 250 Euro als Kosten der Unterkunft. Da 250 Euro weniger sind als 361 Euro, ist die Miete angemessen und muss für die leistungsberechtigte Person in voller anteiliger Höhe, also 250 Euro, übernommen werden. Die Bedarfsgemeinschaft erhält im Beispiel also 44,50 Euro mehr!
Wenn es zu kompliziert wird, bitte zur Fachanwältin!
Ja, das SGB II ist manchmal etwas kompliziert. Das, was ich oben versucht habe zu erklären, könnte noch weitere Folgen haben. Aber dies wird Gegenstand eines nächsten Beitrages werden. Es kann jedenfalls sinnvoll sein, eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Sozialrecht mit der Prüfung der entsprechenden Bescheide zu beauftragen. Nehmen Sie dafür ruhig mich. 🙂
Um eine kurzfristigen Termin zu erhalten, müssen Sie im Vorfeld unseres Termins Beratungshilfe bei Ihrem zuständigen Amtsgericht beantragen. Achten Sie bitte darauf, dass Sie die Beratungshilfe für alle von dem Bescheid umfassten Personen erhalten!